Texte

 

Wenn Malerei entsteht ...

Der Beginn ist Bewegung.

Im Gestus des Punktes, der Punktsetzung, zum Strich sich wieder fortsetzend, der  eine Verbindung ist zwischen zwei Punkten; es ist der beginnende Dialog ... also Beziehung, also Weg.

Dann ist etwas ins Fliessen gekommen. Denn das Blatt ist jetzt ja nicht mehr unbescholten.

Nein. Es hat sein Weiss, seine vollkommene Offenheit | Verletzbarkeit, verloren (oder erst gewonnen ? Wenn ich an Lucio Fontana denke...).

Es erzwingt in weiterer Folge eine Reaktion.

Ein Strich in der Mitte erzwingt, so verloren im weissen Bildraum, eine Antwort.

Dann ist die Bühne frei, die Bahn für das Geschehen ist eröffnet.

Es kommt wie bei einem Ton zum nächsten Ton, wie bei einer Welle zur nächsten Welle, ein Schritt folgt dem anderen, ein Wort folgt dem nächsten.

Ich stehe also vor dem Bild und mache nichts anderes, als ständig zu reagieren auf Etwas, was ich getan habe.

Und suche Balance, Ausgleich im Bildganzen ... bis dieses Suchen | Überschwappen etwas hat, was einen Klang, eine Resonanz erzeugt; die als entspannend, als lösend, gleichzeitig als Herausforderung in der Wahrnehmung erlebt wird.

 

Wenn ich male, beginnt sich eine Stimmung als Ganzes zu formulieren.

Das ist ja oft auch der Ausgangspunkt von jedem Herantreten an die weisse Fläche: Stimmung, Gefühl, Erlebtes, was einen förmlich hingerissen hat in seiner Intensität ... das sind ganz einfach Erlebnisse mit Menschen, Tieren, Natur, aber auch Gelesenes und in anderer Form Aufbereitetes, Transformiertes ... im existentiellen Lebensvollzug.

Ich fühle mich übervoll von dem Ganzen, es quillt über.

Gefühle wie Zorn, Angst, Schmerz, Verlust, Hoffnung, Begehren...die ganze Palette ist da, ist in ihrer Gesamtheit die Basis meiner Malerei.

 

Malerei ist ideal um Gefühle, Stimmungen - zu Innerst Erlebtes - zum Ausdruck zu bringen.

...Verwandtschaft zu anderen Künsten, zu Lyrik: die Farbengebilde sind dann gleichsam Wortschöpfungen, welche Alltagssprachliches als nicht zweckgebunden formulieren, Sprache neu formulieren, Sprache leben

Farben erzeugen Klangräume.

Kandinsky, Rothko sind da für mich ganz grosse Vertreter, setzten ihre Arbeit dort an.

So geht das Bild dann in andere Wahrnehmungsbereiche über.

Es ist dann sehr spannend, dass alles für sich spricht: das Rot, das Blau, das Gelb,

die Farben in Punkt / Strich / Wellenbewegung / Kreis - Raum...

Es werden Perspektiven gesetzt.

 

Die Komposition wird erfasst, erspürt ... und bestimmt den Inhalt, ob ich es will oder nicht.

Das ist das Brutale, das was mich dann zum Diener macht und wo die 'Freiheit', mit der ich ein Bild beginne, eingeschränkt, beschränkt, oder auch 'bestimmt' , bestimmt 'geführt' wird. Da denke ich wieder an Stimmung, die beeinflusst ... damit ist auch die jeweilige Tagesstimmung gemeint.

Ich kann ja alles wieder löschen - ja, aber es ist eine riesige Herausforderung, es ist ein Abenteuer:

Auf Zeichen, auf Farben, auf Formen zu reagieren, das heisst, angemessen zu reagieren. Das gesetzte Zeichen ist nun lebendig und möchte jetzt hiersein und angenommen sein. Es ist quasi eine Bühne von Zeichengebilden, die nun zu einer eigenen Wirklichkeit, Lebendigkeit werden. Aus zwei Gebilden können z.B. zwei Menschen werden, oder etwas anderes...  Da ist der Betrachter dann dran, mit seiner Phantasie. Er geht in Resonanz mit dem Gesehenen, mit seiner individuellen Geschichte.

 

Die spannungsvolle Grenze zwischen Gegenstand und Abstraktion lässt viel Interpretation offen, der Spielraum ist gross.Vor allem geht es ja auch um Transformation, Metamorphose, und das lässt Körperliches aufplatzen, lässt Verwandlung zu, hin zu einer anderen Ebene des Seins, eröffnet neue Perspektiven für den Betreffenden, der in Kommunikation treten will. Die Sinne werden erweitert...verschiedene Sinne.

 

Der Sinn des Ganzen ?

Irgendwie will ich etwas Neues, suche nach Dialog in anderer Form.

 

Ansonsten,

rufe ich jemanden an, rede, gehe hinaus in die Welt und mache, tu irgendetwas...

Jede Tätigkeit bringt mich in einen Prozess der Kommunikation mit meiner Umwelt und ich steige aus mir heraus, indem ich auf die Grenzen des Anderen stosse, schwappe über: Menschen, Tiere und eigentlich alles was mich berührt, oder ich berühre indem ich ankomme, - egal - organisches wie anorganisches Leben.

 

Auch das Bild, dessen innere Gesetze der Form, der Komposition, fordern zur Berührung auf.

Farben können heilen, Berührung heilt.

 

Manchmal ist es nicht möglich jemanden anzurufen, das Gespräch ist festgefahren, oder er/sie ist irgendwie anders unerreichbar. Es gibt Situationen, da bin ich ganz auf mich zurückgeworfen. ( Bin ich es nicht stets ...? )

 

So trete ich vor die weisse Fläche und berühre: Ihn-Sie-Es, berühre die Welt die mich mit diesem Menschen, mit dem jeweiligen Geschehen... die  uns verbindet...als würde ich einen Brief schreiben / als würde ich einen Brief schreiben an mich selbst.

Und es ist ein Gesuch, und es ist ein Gebet in der Suche / eigentlich.

Es ist eine Suche auf Antwort in der ich meine Grenzen, meine Erfahrungen sprenge. Ich bin dazu bereit mich zu öffnen, zu öffnen der inneren Figur, der potentiell in mich hineingelegten...

Die innere Figur will erkannt werden, will beachtet werden, ganz einfach.

Es ist ein Klopfen an die Türe zum Innersten, das Du spiegelt sich darin....

 

Skizzen, Tagebuchaufzeichnungen verdichten sich ... bis ein grosses Bild entsteht ... eine Antwort ?

Auf jeden Fall etwas, was sich selbst darstellt, dadurch rechtfertigt, aber erst im Betrachter Sinn erfährt.

 

Es ist die Gewissheit, dass das, was hier ist, vergänglich ist, und es ist die Traurigkeit daran - ein Stossen an Grenzen - welche die Sehnsucht speist zu malen, zu tun einfach, sich zum Äussersten zu bringen, da irgendwie durchzustossen.

 

Ich sah vor kurzem eine filmische Dokumentation über Arbeiter in Bangladesh, die Verwertung von ausrangierten Schiffen unter extremsten Bedingungen mit geringem Lohn.

Sie lachen und sie weinen...

Wieviele Menschen, hier, sehe ich im Alltag und ich habe das Gefühl, dass soviel Gleichgültigkeit ist .....

die Gesichter in den U-Bahnen sind erschöpft, traurig, abgestumpft, oft.

 

Der Ausdruck von Gefühlen ..... die ganze Palette.

 

zur Ausstellung im Kultur-Zeit-Raum, Wien 2010 (Ingrid Luschin)

 

 

Gedanken zu den Bildern


Eigentlich ist es ein unaufhörlicher Bilderstrom der kommt,wenn man den Stift ansetzt,
ihn gehen-laufen läßt.
Es ist schwierig zum Punkt zu kommen und eine Auswahl zu treffen...dann doch,
da wo etwas in einem etwas zum Klingen bringt,
Stimmung,Gefühl,eine Essenz von etwas,
Klarheit in einer Weise(wäre es möglich,Sehnsucht nach Klarheit)

und wieder ein Bild nur
im Strom,im Wasser des Unbewussten.
dort,sich zurücknehmen da,
eigentlich nicht einmal Strom, keine Essenz,würde ein unsichtbares Bild entstehen-lassen
ein potentiell Mögliches.

Ein Bild:Es ist auch immer ein Stück mehr.
Oft bin ich mir des Lärms bewusst,den Farben,Bewegung erzeugen,es fällt auf einen.

So entstehen Bilder aus Ausdruckswut:Angst,Alpträume,Sehnsüchte,Hoffnungen.
Es sind die Widersprüchlichkeiten in einem die Fragen entstehen lassen,sich plötzlich darstellen wollen.
Im Spannungsfokus verdichtend,sich manchmal schwer bis leicht-luftig in unerhörter Dynamik ausagieren.
Alles gerinnt in Bewegung,verwandelt,
verwandelt das,was ursprünglich Anlaß gab:
Erlebnisse mit Menschen,Tieren,Natur.

Es sind Versuche der Kontaktaufnahme wiederum,Klarheit suchen in einer anderen Weise,
im Strom des Unbewussten,immer mit dem Unwissen wohin es eigentlich geht...

Aber eigentlich weiss man ja,ahnt wohin es geht:
Jedes Bild dient doch nur diesem Schweigen,Umriss zu gewähren.
Es soll wie ein Meilenstein oder ein kleiner Hügel an endlos und gerade verlaufenden sich zu und voneinander verlaufenden Wegen in einer weiten Landschaft sein.

 

Zur Austellung in Gmünd 2005 (Ingrid Luschin)